Johannes Ganzenmüller

Kung Fu Fighting

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Irgendwie hatte ich das Gefühl, das ich auf dem Trip einfach nicht schlafen sollte, denn meine Schlafgelegenheit hat sich nach Gefängnispritsche angefühlt und war ziemlich unbequem. Da ich also sowieso nicht pennen konnte und der Bus zu meiner nächsten Station früh morgens losging hab ich mich kurzer Hand entschlossen um 1.45h aufzubrechen und eine kleine Nachtwanderung zum 7km entfernten Busbahnhof zu machen. Leider war es dermaßen dunkel, dass man kaum die Hand vor Augen gesehen hat. So bin ich dann eine ganze Weile orientierungslos herumgeirrt, die Richtung hat in etwa stimmen müssen, aber war ja auch niemand da den ich hätte fragen können. Durch Zufall hab ich dann ein Auto gesehen, zu welchem ich hin bin. Die Jungs darin haben mich freundlicherweise zum Busbahnhof gefahren, da es sowieso auf deren Weg lag.

Wie hätte es auch anders sein können: Zufälligerweise hatten die natürlich auch eine Herberge von der Sie mir gleich mal die Karte und Telefonnummer gegeben haben. Nachdem ich gesagt hatte, dass ich vielleicht wieder komme und meinen Freunden daheim in Tschechien (wie gesagt ich habe viele Identitäten verwendet) von der Freundlichkeit erzähle haben sie mich dann auch in Ruhe gelassen und sind weitergefahren.

Eine etwa 8-stündige Busfahrt durch Gebirge und Steinwüsten später kam ich dann auch am nächsten Ort auf meiner Liste an: Ouarzazate. Unter anderem Drehort von Gladiator. Dort hat mich Mustafa empfangen, ein Jugendlicher, der ehrenamtlich einige Kung-Fu Gruppen leitet um so einigen „Problemkindern“ zu helfen, da er nach eigenen Angaben selbst einmal eines war. Bei seiner Familie war anscheinend gerade High-Life, daher hat er mich in einen Raum einquartiert, den er und ein Freund als „Ausfluchtsraum“ verwenden. Hatte ich morgens noch das Gefühl in einem Gefängnisbett zu schlafen, so hatte ich jetzt das Gefühl in einer Zelle zu sein. Vergitterte Türen, die mit einem Vorhängeschloss abgeschlossen werden, graue Wände, schlechte Beleuchtung und Poster aus den 90ern an den Wänden.

Später hat Mustafa mir noch die Stadt gezeigt, jedoch mit einigen Schritten Abstand, da er meinte es gibt ein Gesetz gegen falsche Fremdenführer in Marokko und er dürfte daher nicht mit mir gesehen werden. Erstaunlich, dass sich in den anderen Städten bisher niemand dafür interessiert hat, aber es gibt ja immer einen Unterschied von Gesetzen und deren Durchsetzung… Als Mustafa noch Sachen erledigen musste bin ich dann alleine durch die Straßen geirrt, und wurde natürlich wieder in irgendwelche Läden hineingezogen. Einer war so dreist und war fest der Meinung, das Beste für mich wäre sofort eine 5-tägige Kameltour zu buchen. Seine Augen hatten ein Funkeln, als ich gesagt habe, dass das super ist und ich die Wüste ja so mag. Ein paar Sekunden später jedoch sind ihm aber die Gesichtszüge entglitten, als ich anfügte, dass ich ja gerade von einem Wochentrip aus der Wüste zurückkam. Sichtlich enttäuscht vom nicht zustande kommenden Geschäft hat er mich dann einfach wieder aus seinem Laden gehen lassen. Ein auch sehr skurriler Versuch mich zu erleichtern, war die Frage eines Jungen, ob mein T-Shirt original von Adidas ist und ob ich es gegen seines tauschen möchte, auf was für Ideen manche kommen ist manchmal echt faszinierend 😉

Mustafa hatte mir noch gesagt, wo sein Kung-Fu Training stattfindet, sodass ich dort nach dem Rundgang hingehen konnte. Etwas Kampfsport kann ja nie schaden, oder besser gesagt, würde nicht schaden, wenn man über gesunde Füße verfügt. Aber wann trainiert man schon Kung-Fu in Marokko? Also nicht so anstellen und los geht’s. Da meine Füße aber schon ziemlich gestunken haben und ich das niemand zu muten wollte, erst einmal die waschen. Da es keine Seife und nur irgendwelches Waschpulver gab habe ich das verwendet, was in den offenen Wunden ziemlich gebrannt hat, aber gestunken haben die Füße danach nicht mehr xD

Die Sporthalle gehörte zu einer Schule und erinnerte mich irgendwie an eine alte Boxhalle auf Kuba, die man ab und an im Fernsehen sieht. Hellblaue Farbe, stark heruntergekommen, stickige Luft und Geräte aus früheren Jahrzehnten. Da es mehrere Gruppen waren habe ich eine ganze Weile mit gemacht, aber als meine Fußsohlen blutig waren hab ich dann doch lieber ausgesetzt, hatte ja noch genug Tage übrig, an denen ich die weiterquälen konnte =)