Johannes Ganzenmüller

vs Schnee und Regen

Veröffentlichungsdatum Lesezeit 4 Minuten zum Lesen

Die Nacht in Landmannalaugar war katastrophal: lang andauernder Regen und der stürmische Wind haben die Temperatur deutlich gesenkt. Zudem hatte sich unter dem Zelt, wegen der Schutzplane, ein kleiner See aufgestaut, sodass ich schon deutliche Feuchtigkeit an den Füßen spürte. Entsprechend kurz war der Schlaf, aber damit hab ich ja sowieso meine Probleme ^^

Als der Regen aufgehört und das Asiasuppen-Frühstück verdrückt war, ging es ans zusammenpacken, was durch die Nässe und den Matsch sagen wir mal nicht ganz so viel Spaß gemacht hat 😀

Auf dem Tagesprogramm stand die erste Etappe des Laugavegur, laut Reiseführer und Internet eines der beliebtesten und schönsten Wanderwege Islands. Aber erst einmal wieder den Berg beim Campingplatz hoch. Dieses Mal voll bepackt mit einem ca. 20kg schweren Rucksack auf dem Rücken und einer 5kg schweren Fotoausrüstung vor der Brust, das war schon etwas anderes wie am Vortag. Das Wetter war auch nicht unser Freund, konstanter Regen auf den ersten Kilometern, gegart mit wohlriechendem Schwefelgeruch und starkem Frontalwind. Der Untergrund hat zwischen normalem Geröll, weichem, sandähnlichem Weg, alter Lava, Eis und Schneefeldern gewechselt. Also weder Wetter noch Untergrund waren konstant was extrem anstrengend war, entweder musst man seine Schritte anpassen damit man nicht wegrutscht oder war damit beschäftigt an der Kleidung rumzuspielen: Jacke ausziehen, Reißverschluss der Fleecejacke auf…verdammt es wird wieder kälter, Reißverschluss zu, Jacke wieder an, Handschuhe rauskramen… und da sagt noch jemand Zwiebellook hat seine Vorteile, war fast am durchdrehen 😀

Die erste Etappe war nur 12km lang, aber hat uns durch die Umstände alles Mögliche abgefordert. 3-4km vor dem Ende war ich schon ziemlich fertig, pitschnass bis auf die Knochen, durchgefroren und umschlossen von Nebel zudem noch mit dem schweren Gepäck, das nun immer mehr auf den Schultern drückt. 2km vor Ende ging dann fast gar nichts mehr, man hat gemerkt, die die Laufwege kürzer und die Pausen dazwischen immer länger wurden. Vereinzelt hat man andere Leute getroffen denen es entweder nicht besser ging oder die vermutlich irgendwo außerhalb des Sichtfeldes vom Taxi abgesetzt worden sind, ansonsten könnten die bestimmt nicht so fit gewesen sein ^^

Immer wieder ging es über Schneefelder, die einem die letzte Kraft raubten und man durch das häufig werdende Wegrutschen deutlich merkte, dass die Beine so langsam nicht mehr wollen. Bei einer Pause sind wir eingeschlafen, danach hatten wir uns gesagt „jetzt noch einmal ausruhen und dann komplett bis zum Ziel“. Der Wind und Regen wurde gegen Ende immer schlimmer, aber es gab kein zurück so kurz vor dem Ziel. Etwas weiter tauchte neben uns dann ein Gedenkstein eines Wanderers auf, der in einen Blizzard kam und kurz vor der rettenden Hütte ums Leben kam…Was braucht man sonst noch als Motivation…

Einige Hügel weiter hat sich dann aber durch den Nieselregen die Kontur einer Hütte abgezeichnet, was noch mal einige Energiereserven freigesetzt hatte. In der Hütte war glücklicherweise auch noch Platz und daher mussten wir nicht draußen zelten. Ich kann mich nicht daran erinnern, jemals körperlich so fertig gewesen zu sein wie an dem Tag. Die Wärme in der Hütte und die nassen Klamotten loswerden tat soooo verdammt gut und im Anschluss gab’s noch leckeren Tee und Asiasuppe… glücklicherweise hatten die anderen in der Hütte bessere Verpflegung und vor allem für sich selbst zu viel, sodass man noch die ein oder andere Brot- oder Käsescheibe abbekam und danach sofort einschlief während der Regen draußen munter weiterplätscherte.