Johannes Ganzenmüller

Schätze des Ganges

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Das Gasthaus, in dem ich genächtigt habe, hat am Morgen und am Abend gratis Bootstouren auf dem Ganges angeboten. Genau die Boottouren, die einem jeder für teuer Geld (~1-2€) andrehen will, wenn man mal etwas am Ufer entlang lauft.

Gestartet wurde gegen 5.00 Uhr bei den Leichenverbrennungsanlagen. Morgens sind nur zwei Feuerhaufen aktiv, sodass dort mal Ausnahmsweise weniger los war. Sonst wird man dauernd zur Seite geschoben, weil wieder mal eine Leiche durch die Straßen getragen wird. Oder man bekommt zum 1000mal gesagt das man keine Fotos machen darf, aus religiösen Gründen und des Respekts wegen. Warum man aber für einen ziemlich hohen Obolus dennoch Bilder machen durfte, war irgendwie ein Fehler in der Argumentation…Aber gut, Bilder von Leichenverbrennungen sind jetzt auch nicht so mein Geschmack, daher war’s mir egal.

Vom Boot aus, mit sicherem Abstand, konnte ich mir es dann aber nicht ganz verkneifen ein paar Bilder von den Anlagen als solches zu machen. Wofür hat man denn ein Teleobjektiv 😉 Bemerkt hat mich niemand, sonst wären bestimmt die einen oder anderen Steine geflogen, hat man jedenfalls gesagt bekommen. Etwas weiter den Fluss runter standen dann die ersten im Wasser und warteten auf den Sonnenaufgang um den neuen Tag Lob zu preisen. Im Prinzip ja einigermaßen nachvollziehbar, aber warum baut man die Verbrennungsanlagen ganz oben am Fluss? Irgendjemand hätte doch auf die Idee kommen können, dass wenn man Asche oder Leichen in den Fluss wirft, die von der Strömung verteilt werden. Und so sind eigentlich alle im Ganges von menschlichen Überresten umgeben. Schon in gewisser Weise eine kranke Vorstellung. Noch kranker ist es mit anzuschauen, wie sich Hunde um angeschwemmte Leichenteile zanken.

Gilt ein Mensch nämlich bei seinem Tod schon als rein, zum Beispiel ein Kind, eine Schwangere wegen dem Kind, ein Priester oder jemand der von der Schlange gebissen wurde (da Shiva eine Schlange hat), so muss er nicht durch die Flammen von seinen Sünden befreit werden. Die Leiche bekommt dann einfach einen Stein umgebunden und darf mit den Fischen spielen. Während Teppiche in Indien meist ordentlich geknüpft werden, hapert es bei den Knoten ab und zu, so dass der Ganges seine „Schätze“ auch mal wieder freigibt.

Nach einer Weile Bootsfahrt hab ich mich zusammen mit Wesley und Tim an einem der vielen Ghats (Ufertreppen) absetzen lassen, weil wir nicht weiterfahren wollten. Es war nämlich nur die erste Stunde gratis ^^ Durch die Menschenmassen wieder zurück zum Hostel zu gelangen war gegen 6.30Uhr schwieriger wie zur Mittagszeit. Überall Schaulustige, Bettler und Sadhus und mal wieder eine neue Sorte von trickreichen Abzockern. Falls dir jemand in Varanasi die Hand zur Begrüßung hinstreckt, nimm sie nicht an, tu es nicht, nein lass es.

Einen Moment hatte ich nicht aufgepasst, schon war sie auch schon rumgedreht und der Heini hat angefangen an der Hand und am Arm rumzudrücken, mit der felsenfesten Behauptung er mache eine Ayurveda-Handmassage, aus reiner Selbstlosigkeit und ganz umsonst natürlich. Die haben sich durch nichts davon abbringen lassen, weiter rumzudrücken. Ohne Sonnenbrand am Oberarm wäre es eventuell auch angenehm gewesen. Mag es durch den Neppertrieb oder Vergesslichkeit kommen, so wird nach einer Weile aus „no money, free“, „give me money, a little bit“. Mein Geldbeutel blieb aber verschlossen, was zu Unmut bei den Handmasseuren führte, aber lang konnten die sich nicht ärgern, die nächsten Weißhäute waren ja schon in Sicht ^^